LA HAINE. Eine Hass-Revue von glanz&krawall

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Er schien gar nicht mehr zum emotionalen Repertoire des modernen Menschen zu gehören; in einer enormen zeitlichen Verdichtung wird er wieder offenbar. Das Berliner Theaterkollektiv glanz&krawall versucht ihn jetzt an der Schnittstelle zwischen Musik- und Sprechtheater zu sezieren: den Hass.
„Besser seid Ihr auch nicht als wir und die Vorigen. Aber keine Spur, aber gar keine -“, schreibt Tucholsky 1926 an den zukünftigen Zeitungsleser, also an uns. Seine und andere Stimmen des frühen 20. Jahrhunderts werden in der absurden Revue LA HAINE zur Prognose, zur Drohung. Wie können wir drinnen noch entspannt Theater spielen, wenn sich draußen Apokalyptisches zusammenbraut?
Die Schauspielerinnen Katrin Kaspar, Kara Schröder und Sängerin Luise Lein erwarten mit Karl Kraus die „letzten Tage der Menschheit“, während Sounddesigner Martin Lutz mit Benjamin Brittens „War Requiem“ ein mahnendes Grundrauschen im Raum installiert. „Was ist uns das, mein Herz, all diese Lachen Blut / Und Glut, und tausend Morde, und der Seufzerhall / Der ganzen Hölle, alle Ordnung stürzend, und der Wut Gedehnter Schrei / Nichts?! … Doch, ja doch …“, fragt Arthur Rimbaud 1871 aus dem Epizentrum der Pariser Kommune. Den jungen Literaten Georg Heym, der sich wenige Jahre vor dem 1. Weltkrieg zu Tode langweilt, packt exakt diese Sehnsucht nach der totalen Auslöschung.
Hass fungiert als Versprechen, als Motor für Veränderung. Er ist Dopingmittel für ein gemeinschaftliches Werden. Gezüchtet; getriggert; also Bestandteil der Kultur. Jedoch ohne menschliches Maß. Wenn wir also davon ausgehen, in diese Kultur des Hasse(n)s hineingeboren zu sein, könnte das Theater nicht der Ort sein, diesem Verrohungsprozess von innen heraus zu begegnen?

MIT Katrin Kaspar, Luise Lein, Kara Schröder

REGIE Marielle Sterra
SOUND Martin Lutz
CO-REGIE Dennis Depta
BÜHNE Wiebke Bachmann
KOSTÜME Anna Søder
LICHT Martin Bretag
PRODUKTION Lara Deininger
BÜHNENBILDASSISTENZ Carolina Duarte
KOSTÜMBILDASSISTENZ Carla Satoca Berges

FOTO Ingo Tesch

Premiere: 27.04.2017, Cammerspiele Leipzig
Weitere Aufführungen
28.04. – 30.04.2017
 Cammerspiele Leipzig
17.05. & 18.05., 20.05. &  21.05.2017 Theaterdiscounter Berlin
09.06.2017 Unithea Festival Frankfurt (Oder) / Kleistforum

Eine Koproduktion von glanz&krawall, Cammerspiele Leipzig und Theaterdiscounter Berlin.
Gefördert durch die Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Europa, das Kulturamt der Stadt Leipzig und die Freundinnen und Freunde der Heinrich-Böll-Stiftung. Arbeitsstipendium im Künstlerhaus Lukas Ahrenshoop, gefördert durch das Land Mecklenburg-Vorpommern.
Mit freundlicher Unterstützung von Das Helmi Puppentheater. Beschallungstechnik mit freundlicher Unterstützung von MONACOR.

RAHMENPROGRAMM

23.04.2017 Podiumsdiskussion in den Cammerspielen Leipzig
LA HAINE. Eine hässliche Bestandsaufnahme.
„Wir haben Epochen / Des Hasses durchlebt, / Streitträchtige Zeiten / Ohne menschliches Maß“ so der französische Schriftsteller Michel Houellebecq in einem seiner düsteren Gedichte. Am 23.04. ist Wahltag in Frankreich. In welch streitträchtige Zeiten schippern wir jetzt? Hass aufzubauen, scheint einfach zu funktionieren; ihn abzubauen dagegen langwierig, schwierig. Die Gäste dieses Podiums versuchen sich seit geraumer Zeit mit ihren ganz eigenen Mitteln daran. Sie sezieren den Hass, indem sie den Hassenden auf den Mund schauen, deren Lügen kartographieren und mit ihnen in den Dialog treten.
MIT Lutz Helm, Mitbegründer Hoaxmap, Tobias Prüwer und Franziska Reif, Herausgeber*innen Wörterbuch des Besorgten Bürgers, Marielle Sterra, Regie glanz&krawall und Raphael Thelen, Journalist; Neue Normalität. Moderation: Dennis Depta Dramaturgie glanz&krawall

18.05.2017 Podiumsdiskussion + Publikumsgespräch im Theaterdiscounter präsentiert von Theaterscoutings Berlin:
HASS UND RAUM.
Wie kann Begegnung (wieder) möglich werden? Ist Hass Antriebsmotor unserer Gesellschaft? Ist Multi Kulti gescheitert? Wir müssen uns der Frage stellen und möchten Strategien diskutieren, Hass gegen eine bestimmte Gruppe vorzubeugen bzw. umzuwandeln und gemeinsam Gesellschaft zu gestalten.
MIT Julia Nina Baumann, IBBIS, Dennis Depta, Dramaturgie glanz&krawall, Jörg Depta, Radiotrainer und Journalist (Schwerpunkt: Rechtsextremismus), Soner Ipekcioglu, ehemals Orgateam MyFest. Moderation: Kerstin Reichelt und Lara Deininger

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